Das Urteil des EuGH vom 3. Oktober 2019 und die Situation der polnischen Frankierkunden 

Francredit sind zwei Worte, die so manchem den Schlaf rauben. Fremdwährungskreditverträge, die vor einem Jahrzehnt noch so leicht abgeschlossen werden konnten, haben sich als äußerst fehlerhaft erwiesen. Dazu gehörte die massive Aufnahme so genannter "unerlaubter Klauseln" (missbräuchlicher Klauseln). Dadurch wurden die Bankkunden Risiken ausgesetzt. Risiken, von denen sie keine Ahnung hatten und die die Banken verschwiegen.

Die sogenannte die Freigabe des Schweizer Frankens vor fünf Jahren führte zu einem starken Anstieg der Kreditraten. Dieses Ereignis brachte Tausende von Kreditnehmern in eine schwierige Lage. Es schien sogar eine Patt-Situation zu sein. Heute sieht das Bild jedoch immer günstiger aus. Weitere Gerichtsurteile sind aufgetaucht, die für Frankophile die Hoffnung, gegen unzuverlässige Banken zu gewinnen.

Die Rechtssache Dziubaks (C-260/18)

In einem Rechtsstreit zwischen der Raiffeisen Bank und den Eheleuten Dziubak hat das Landgericht Warschau dem EuGH vier Fragen vorgelegt, die als Vorfragen bezeichnet werden, mit einem Antrag auf Verdolmetschung.

Im Jahr 2008 schlossen die Kreditnehmer mit der Bank einen auf Zloty (PLN) lautenden Hypothekarkreditvertrag ab. Er war jedoch an den Wechselkurs des Schweizer Franken (CHF) gekoppelt und wurde mit der Summe aus dem LIBOR-Referenzsatz und der üblichen Marge der Bank verzinst. Die Indexierungsklauseln des vorgenannten Darlehens waren in den von der Bank verwendeten Darlehensbedingungen enthalten. Sie waren auch in dem mit Herrn und Frau Dziubak geschlossenen Vertrag enthalten.

Die der Vereinbarung beigefügten Bedingungen sahen vor, dass der Betrag in PLN zu einem Wechselkurs gezahlt wird, der nicht unter dem PLN-CHF-Kaufkurs nach dem die bei der Bank zum Zeitpunkt der Entsperrung der Mittel geltende Wechselkurstabelle. Der ausstehende Saldo wurde auf der Grundlage dieses Wechselkurses in CHF ausgedrückt. Die einzelnen Kreditraten hingegen wurden dem in PLN geführten Bankkonto nach dem PLN-CHF-Verkaufskurs belastet.

Die Kreditnehmer hielten den von ihnen abgeschlossenen Vertrag für ungültig. Ihre Argumentation stützte sich auf die Tatsache, dass der Vertrag missbräuchliche Bestimmungen über den Mechanismus zur Indexierung des Wechselkurses des Schweizer Frankens enthielt. Sie reichten Klage bei Gericht ein, um den Vertrag wegen der darin enthaltenen rechtswidrigen Bestimmungen für nichtig zu erklären.

Diese Klauseln erlaubten es der Bank einseitige Festsetzung des Wechselkurses. Dies wiederum hatte zur Folge, dass der Saldo des Darlehens in Franken und die Beträge der einzelnen Raten in PLN willkürlich festgelegt wurden. Nach Ansicht der Darlehensnehmer würde die Streichung der genannten Bestimmungen aus dem Vertrag diesen ungültig machen.

Die Bank betrachtete ihre Forderungen als unbegründet. Die Bank betonte, dass sie auch nach der Streichung der genannten Klauseln aufgrund anderer Vertragsbestimmungen zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet wären. Die gestrichenen Inhalte müssten nämlich durch die allgemeinen Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs ergänzt werden.

Worum hat das Landgericht den EuGH gebeten?

Das Landgericht Warschau hat dem EuGH in der genannten Rechtssache vier Fragen vorgelegt:

  1. Lässt die EU-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen die Annahme zu, dass, wenn die Beseitigung missbräuchlicher Klauseln in einem Vertrag zu Lasten des Darlehensnehmers gehen würde, es möglich ist Ausfüllen der Lücken über die nationale Gesetzgebung?
  2. Sollte bei der Beurteilung der Folgen des Widerrufs des Kreditvertrags berücksichtigt werden, dass die Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder das Bestehen einer Streitigkeit zwischen der Bank und dem Darlehensnehmer über die Missbräuchlichkeit einer bestimmten Klausel; welche Bedeutung hat die Position des Verbrauchers während des Rechtsstreits?
  3. Ist es möglich, Bestimmungen, die missbräuchliche Vertragsklauseln darstellen, aufrechtzuerhalten, wenn es eine günstige Lösung für den Kreditnehmer?
  4. Steht die Anerkennung von Bestimmungen, die die Höhe und die Art der Rückzahlung des Darlehens festlegen, als verbotene Bestimmungen der weiteren Anwendung anderer, nicht missbräuchlicher Vertragsbestimmungen entgegen, die die Hauptleistung des Darlehensnehmers festlegen und deren Vorhandensein im Vertrag untrennbar mit den vom Darlehensnehmer für verboten erklärten Klauseln verbunden war?

Urteil des EuGH - Rechtssache Dziubaks

Der EuGH hat in der Rechtssache Dziubak wie folgt entschieden:

  1. Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen steht dem nicht entgegen, dass ein nationales Gericht, das bestimmte Klauseln in einem Kreditvertrag für missbräuchlich hält, davon ausgeht, dass der betreffende Vertrag nicht mehr funktionieren kann wenn der Wegfall dieser Klauseln zu einer Änderung der Natur des Hauptgegenstandes des Vertrages führen würde,
  2. aufgrund des Scheiterns des Darlehensvertrags müssen die Auswirkungen auf die Situation des Darlehensnehmers nach den Umständen zum Zeitpunkt der Streitigkeit beurteilt werden,
  3. Für die Beurteilung der Folgen des Widerrufs des Vertrages ist dabei der Wille des Kreditnehmers entscheidend,
  4. Im Lichte der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist es nicht möglich, Lücken, die sich aus der Entfernung missbräuchlicher Klauseln aus einem Vertrag ergeben, allein auf der Grundlage allgemeiner nationaler Bestimmungen zu schließen, die vorsehen, dass die im Inhalt eines Rechtsgeschäfts zum Ausdruck kommenden Wirkungen insbesondere durch Wirkungen ergänzt werden, die sich aus Billigkeits- oder Gewohnheitsgrundsätzen ergeben, die nicht dispositiv oder anwendbar sind, wenn die Vertragsparteien dies vereinbaren.
  5. Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen erlaubt nicht die Beibehaltung missbräuchlicher Klauseln in einem Vertrag, wenn ihre Streichung die Ungültigkeit des gesamten Vertrags zur Folge hätte. Die Ausnahme ist die Situationbei denen der Kreditnehmer nicht zustimmt den Vertrag für ungültig zu erklären oder ihn sogar ausdrücklich abzulehnen.

Im Januar 2020 wird der Frankierkreditvertrag von Herrn und Frau Dziubak abgesagt.

Der Fall Dziubak - ein Durchbruch für die Frankophilen?

Das Urteil in der Rechtssache von Herrn und Frau Dziubak war mit Spannung erwartet worden. Obwohl das Urteil im Zusammenhang mit einem indexgebundenen Darlehensvertrag erging, ist es auch für konfessionelle Darlehen relevant.

Über die Unterschiede zwischen beiden haben wir in diesem Artikel geschrieben:
Lesen Sie mehr: Hilfe für Frankophile - was ist das eigentlich?

Das Urteil erlaubt es den Gerichten, zunächst über die Missbräuchlichkeit der in Kreditverträgen enthaltenen Bestimmungen zu entscheiden. Anschließend entscheiden sie über die Folgen einer solchen Feststellung. Die Gerichte können einen Vertrag für ungültig erklären, wenn die Streichung der betreffenden missbräuchlichen Klausel zur Folge hat, dass der Vertrag nicht mehr gültig ist.

Der EuGH hatte keinen Zweifel daran, dass Die Unzulässigkeit der Änderung von fehlerhaften Frankierkreditverträgen. Es ist nicht zulässig, Lücken im Vertrag durch Bestimmungen mit Billigkeitscharakter zu füllen. Dies kann nur mit Bestimmungen geschehen, die unter solchen Umständen direkt angewendet werden können. Im polnischen Rechtssystem gibt es derzeit keine solchen Bestimmungen. Es ist auch nicht zulässig, den Vertrag durch eine Bestimmung zu ergänzen, die die Verwendung des durchschnittlichen CHF-Wechselkurses in der NBP erlaubt, wie dies mit Nachdruck gefordert wurde.

Das EuGH-Urteil ändert jedoch nicht automatisch die umstrittenen FrankierguthabenverträgeSie ist jedoch als Argument in gerichtlichen Auseinandersetzungen mit unzuverlässigen Banken von erheblicher Bedeutung. Seit der Anerkennung des Falles hat sich die Rechtsprechung zu Gunsten der Frankierstellen entwickelt.

Der Vergleich in der Rechtssache C-280/18 berücksichtigt die die Stellung des Verbrauchers, d. h. des Kreditnehmers. Sie bringt ihren Willen hinsichtlich einer möglichen Berufung auf die Missbräuchlichkeit der Bedingungen des Kreditvertrags zum Ausdruck, die zur Aufhebung des Vertrags führt. Dies ist zweifellos ein Ausdruck der Wahrung der Interessen des Kreditnehmers und lässt ihm die Wahl. Eine Wahl, um über die Folgen eines möglichen Zusammenbruchs des Frankierkreditvertrags zu entscheiden.

Missbräuchliche Klauseln, oder welche Art von Klauseln?

Um die Bedeutung des EuGH-Urteils in der Rechtssache Dziubak besser zu verstehen, lohnt es sich, kurz daran zu erinnern, was so genannte missbräuchliche Klauseln eigentlich sind. Denn sie stellen das Hauptproblem bei Frankierkreditverträgen dar.

Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich um Vertragsbestimmungen, die die Rechte und Pflichten des Verbrauchers (Kreditnehmers) in einer Weise gestalten, die gegen die guten Sitten verstößt und seine Interessen beeinträchtigt.

Wird eine Klausel als missbräuchlich eingestuft, ist sie für den Verbraucher in der Regel nicht bindend.

Zu den missbräuchlichen Klauseln gehören insbesondere:

  1. Bedingungen für den Indexierungsmechanismus,
  2. Bestimmungen über Überbrückungsversicherung (Prämie für den Zeitraum vom Abschluss des Darlehensvertrages bis zur Eintragung der Hypothek in das Hypothekenbuch als Sicherheit für die Bank in der Zeit vor der Eintragung der Hypothek). Die von den Banken auferlegten rechtswidrigen Bedingungen bestanden u. a. in einer Top-Down-Gebühr für den Abschluss einer solchen Versicherung,
  3. Bestimmungen über beitragsarme Versicherungen sind verboten, wenn sie u. a. keine Angaben zum Inhalt der Versicherung enthalten, d. h. nicht angeben, wer Versicherungsnehmer und wer Versicherter ist oder wie die Prämie zu bestimmen ist.

Hilfe für die Frankophonen

Das Urteil des EuGH ist zwar günstig für die Frankierkunden, ändert aber nicht automatisch ihre Situation. Der erste und wirksame Schritt in der Auseinandersetzung mit einer unzuverlässigen Bank ist in erster Linie eine eingehende Analyse des Kreditvertrags. Sie zielt darauf ab, die Situation des Kreditnehmers und mögliche Handlungsoptionen zu prüfen.

Der Einleitung rechtlicher Schritte durch Franckowiczes gegen Banken sollte eine umfassende Prüfung der besten Strategie, einschließlich eines Gerichtsverfahrens, vorausgehen. Der Fall der Eheleute Dziubak und die nach dem EuGH-Urteil ergangenen günstigen Urteile für polnische Frankowiczs sind zweifellos ein Beweis dafür, dass es möglich ist, eine für den Kreditnehmer günstige Regelung zu erreichen. Dies ist umso wichtiger, als es sich bei dem Kreditnehmer um einen Verbraucher handelt, der offensichtlich die schwächere Vertragspartei ist.

Anwaltskanzlei BKT frankowicze

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